Handlungsempfehlung bzgl. Anfragen von Behörden ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏ ͏
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Kehrbuchdaten an Gemeinden?
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Kürzlich haben uns mehrere Schreiben von Gemeinden, Landratsämtern und privatwirtschaftlichen Planungsgesellschaften an bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger erreicht. Dabei werden die Bezirksschornsteinfeger mit Verweis auf § 7e Abs. 2 Klimaschutzgesetz BW (KSG BW) aufgefordert, Kehrbuchdaten zur Erstellung von Wärmeplänen zu übermitteln. In den Schreiben sind u. a. Fristen bis Ende April gesetzt worden.
Autor: Rechtsanwalt Dominik Güneri, LL.M. | Fachanwalt für IT-Recht | Datenschutzbeauftragter TÜV®
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Wie sollten Sie aus datenschutzrechtlicher Sicht reagieren?
Grundsätzlich müssen alle Daten, die im elektronischen Kehrbuch nach § 19 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz einzutragen und für die Wärmeplanung von Bedeutung sind an die Gemeinden auf Aufforderung übermittelt werden. Dazu gehören aber nicht Namen und Eigentumsverhältnisse.
Ein bestimmtes Dateiformat zur Übermittlung ist nicht vorgeschrieben. Gleichzeitig ist auch eine besondere Dringlichkeit zur Datenübermittlung nicht zu erkennen. Eine manuelle Aufbereitung durch Schwärzen von Namen und Eigentumsverhältnissen binnen kurzer Frist würde für die Schornsteinfegerbetriebe einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen. Daher erarbeitet derzeit der Landesinnungsverband (LIV) gemeinsam mit dem Umweltministerium und den vier Anbietern von elektronischen Kehrbuchverwaltungsprogrammen eine datenschutzkonforme Schnittstellenlösung. Es soll eine Auswahlfunktion in die Kehrbuchverwaltungsprogramme integriert werden, mit der die Schornsteinfegerbetriebe die datenschutzrechtlich korrekten Datensätze mit nur wenigen Klicks an Gemeinden übertragen können. Mit dieser technischen Lösung werden Sie sich also aller Voraussicht nach sehr viel (unbezahlte) Arbeitszeit sparen.
Allerdings kann ein Zeitplan zur technischen Umsetzung noch nicht abschließend genannt werden. Sollten Sie also von einer Gemeinde zur kurzfristige Übermittlung von Kehrbuchdaten nach 7e Abs. 2 KSG BW aufgefordert worden sein, empfehlen wir folgende Antwort:
--- Gerne unterstützen wir die Gemeinden bei ihrer gesetzlichen Aufgabe der kommunalen Wärmeplanung soweit wir hierzu gesetzlich verpflichtet sind. Leider müssen wir Sie bis zur Übermittlung eines datenschutzkonformen Datensatzes noch um etwas Geduld bitten. Sämtliche Anbieter von elektronischen Kehrbuchverwaltungsprogrammen erarbeiten derzeit gemeinsam mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg datenschutzkonforme und praktische Lösungen zur Übermittlung der Datensätze nach § 7e Abs. 2 Klimaschutzgesetz BW. Leider ist uns ein Zeitplan noch nicht abschließend mitgeteilt worden, wir gehen aber von einer Umsetzung in den nächsten Monaten aus. Gerne lassen wir Ihnen die Datensätze unaufgefordert zukommen, sobald uns dies technisch möglich ist.
Würden Sie derzeit auf die Übergabe der angefragten Datensätze bestehen, wären wir aus technischen Gründen gezwungen, die Kehrbuchdaten auszudrucken und nach Absprache mit unserem Datenschutzbeauftragten hinsichtlich Namen und Eigentumsverhältnissen von Hand zu schwärzen. Sie müssten dann diese Papierdaten wiederum von Hand in Ihr System einpflegen. Dieser händische Vorgang wäre mit tagelanger (unbezahlter) Arbeit verbunden und kann auch nicht in Ihrem Sinne sein.
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sie können sich auch direkt an unseren Datenschutzbeauftragten, Herrn Rechtsanwalt Dominik Güneri, E-Mail: gueneri@dg-kanzlei.de, wenden.
Bereits jetzt bedanken wir uns für Ihr Verständnis und Ihre Geduld.
Mit freundlichen Grüßen ---
Soweit Landratsämter oder Dritte (z. B. Planungsbüros, Energieversorger, etc.) Kehrbuchdaten nach § 7e Abs. 2 KSG BW erbitten, sind diese Anfragen zurückzuweisen. Ausschließlich Gemeinden sind nach § 7e Abs. 2 KSG BW gegenüber bBSF zur Auskunft berechtigt. Zwar können hier einzelne Aufgaben an Auftragsverarbeiter nach § 7e Abs. 5 KSG BW i. V. m. Art 28 DS-GVO übertragen werden. Soweit Landratsämter im Rahmen von „interkommunalen Wärmeplänen“ agieren, sind sie weder direkt nach § 7 Abs. 2 KSG BW aktivlegitimiert, noch Auftragsverarbeiter im Sinne des Art. 28 DS-GVO.
Wir empfehlen, Landratsämtern entsprechend zu antworten:
--- Gerne unterstützen wir die Gemeinden bei ihrer gesetzlichen Aufgabe der kommunalen Wärmeplanung soweit wir hierzu gesetzlich verpflichtet sind. Leider müssen wir die Bitte des Landratsamts aber zurückweisen. Wir dürfen Kehrbuchdaten ausschließlich in den gesetzlich geregelten Fällen verarbeiten. Im Fall von Rechtsverstößen drohen uns erhebliche Strafen und Schadensersatzansprüche von betroffenen Personen. Für die Übertragung an Landratsämter liegt leider keine gesetzliche Grundlage vor. Sofern sich die Gemeinden in Ihrem Landkreis direkt an uns wenden, werden wir selbstverständlich weiter tätig.
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sie können sich auch direkt an unseren Datenschutzbeauftragten, Herrn Rechtsanwalt Dominik Güneri, E-Mail: gueneri@dg-kanzlei.de, wenden.
Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen ---
Zudem besteht bei der Datenübergabe an privatwirtschaftliche Dritte aus datenschutzrechtlicher Sicht eine erhöhte Gefahr der zweckfremden Verwendung der Daten, zum Beispiel in einem späteren Vergabeverfahren. Wir empfehlen daher immer, Datensätze nur direkt an die Gemeinde und nicht an privatwirtschaftliche Dritte zu übertragen. In diesem Zusammenhang haben wir angeregt, dass das Umweltministerium den Softwareherstellern und den Gemeinden eine datenschutzkonforme Schnittstelle oder Plattform zur Datenübertragung bereitstellt. Auch die Frage der datenschutzkonformen Datenübertragung wird in die aktuelle Planung zwischen LIV, Umweltministerium und Softwareherstellern einbezogen.
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Für rechtlich Interessierte - Wie sind die Datenanfragen der Gemeinden datenschutzrechtlich zu beurteilen?
Als Rechtfertigungsgrundlage für die Datenübertragung kommt nur § 7e Abs. 2 Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg (KSG BW) in Betracht. Danach sind bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger […] verpflichtet, den Gemeinden auf Anforderung insbesondere gebäudescharfe Angaben zu Art, Brennstoff, Nennwärmeleistung und Alter von Anlagen zur Wärmeerzeugung sowie Angaben über deren Betrieb, Standort und Zuweisung zur Abgasanlage […] zu übermitteln. Die Pflicht erstreckt sich nur auf die Daten, die im elektronischen Kehrbuch nach § 19 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz einzutragen und für die Wärmeplanung von Bedeutung sind.
Leider ist der hier verwendete Begriff „gebäudescharf“ nicht eindeutig. Warum der Gesetzgeber hier nicht die bekannten Datenkategorien des Kehrbuchs (vgl. § 19 Abs. 1 SchfHwG) verwendet hat, ist nicht ganz nachvollziehbar. Was unter „gebäudescharf“ zu verstehen ist, wird im „Leitfaden kommunale Wärmeplanung“ der Landesenergieagentur nur ansatzweise wie folgt erläutert:
"Selbst wenn keine Informationen wie Namen oder Eigentumsverhältnisse übermittelt und verarbeitet werden, sind die zur Wärmeplanung notwendigen, gebäudescharfen Informationen, also Informationen die sich nur auf ein einzel¬nes Gebäude beziehen, den personenbezogenen Daten zuzuordnen. Im Umgang mit diesen Daten besteht für alle handelnden Akteure eine besondere Sorgfaltspflicht.“
Namen und Eigentumsverhältnisse sind zwar im elektronischen Kehrbuch enthalten, dürfen demnach aber nicht nach § 7e KSG BW von den bBSF herausgegeben werden.
Selbstverständlich dürfen Daten nur zum Zwecke der kommunalen Wärmeplanung nach § 7e KSG BW an die Gemeinden übermittelt werden. Der Zweck sollte also zumindest durch die Gemeinde genannt und im Ansatz begründet werden.
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Warum dürfen Daten nicht an Landratsämter oder privatwirtschaftliche Dritte übermittelt werden?
§ 19 Abs. 5 SchfHwG regelt, dass bBSF die Daten des Kehrbuchs nur verarbeiten dürfen, soweit das zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. Darüber hinaus dürfen Kehrbuchdaten an öffentliche Stellen nur übermittelt werden, soweit das Landesrecht dies zulässt. An nicht öffentliche Stellen dürfen die Daten nur übermittelt werden, soweit die Übermittlung nach dem Landesrecht zulässig ist und der Dritte, an den die Daten übermittelt werden, ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der Daten und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Unterbleiben der Übermittlung hat. Damit steht eine Datenübermittlung unter dem Vorbehalt einer ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung.
Weder das SchfHwG noch das KSG BW beinhalten entsprechende Rechtsgrundlagen für die Übermittlung der Daten nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG an ein Landratsamt oder an nichtöffentliche Dritte. Lediglich eine Übermittlung an die Gemeinde – und nicht an die untere Verwaltungsbehörde (LRA) oder nichtöffentliche Stellen – sieht das Gesetz nach § 19 Abs. 5 SchfHwG i.V.m. § 7e Abs. 2 KlimaSchG BW vor.
Besonders ist zu berücksichtigen, dass Gemeindeverbände in § 7b KSG BW [Erfassung des Energieverbrauchs durch Gemeinden und Gemeindeverbände] und § 7f KSG BW [Klimamobilitätspläne] berücksichtigt sind, nach § 7e KSG BW [Datenübermittlung zur Erstellung kommunaler Wärmepläne] aber keine Rechte haben. Ich gehe daher nicht davon aus, dass der Gesetzgeber hier vergessen hat, die Gemeindeverbände in § 7e KSG BW zu erwähnen. Wir müssen vielmehr davon ausgehen, dass der Gesetzgeber den Gemeinden selbst überlassen möchte, wer die hoheitliche Aufgabe der Wärmeplanung übernimmt. Dies ist Entscheidung der Gemeinden und nicht der Landratsämter als untere Verwaltungsbehörde. Einem uns vorliegenden Schreiben eines Landratsamts ist lediglich zu entnehmen, dass die Gemeinden „quasi Mitauftraggeber dieses Projektes der interkommunalen Wärmeplanung sind“. Ohne weiteres dürfen die angeschriebenen Schornsteinfeger nicht annehmen, dass die Gemeinden damit einverstanden sind, dass das Landratsamt und sogar privatwirtschaftliche Dritte die gesammelten Daten der Feuerstättenbetreiber aller Gemeinden erhalten und vergleichen können. Den Gemeinden als „Grundlage und Glied des demokratischen Staates“ (vgl. § 1 Abs. 1 GemO) wird nämlich so die Möglichkeit genommen, selbst über ihre hoheitlichen Aufgaben zu entscheiden. Die einfache Behauptung, sämtliche Gemeinden hätten „diesem Vorgehen zugestimmt“ genügt aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 19 Abs. 5 SchfHwG und § 7e KlimaSchG noch nicht.
Auch sind Landratsämter auch nicht als Auftragsverarbeiter der Gemeinden zu betrachten. Soweit Landratsämter Daten zum Zweck einer „interkommunalen Wärmeplanung“ erfragen, sind Landratsämter m. E. nicht als Auftragsverarbeiter sondern in gemeinsamer Verantwortlichkeit mit den Gemeinden nach Art. 26 DS-GVO tätig.
Bei gemeinsamer Verantwortung nach Art. 26 DS-GVO entscheidet nicht ein Verantwortlicher alleine – hier die Gemeinde – über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung und es gibt keine hierarchische Struktur, wie sie die Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DS-GVO kennzeichnet. Im beschriebenen Fall ist nicht ersichtlich, dass hier die Gemeinden alleine über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung im Rahmen der „interkommunalen Wärmplanung“ entscheiden und das Landratsamt weisungsgebunden handelt.
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Warum sollten Sie nur die nötigsten Daten an die Gemeinden übermitteln?
Ich sehe sehr deutlich die Gefahr, dass Feuerstättenbetreiber sich in ihren Rechten verletzt sehen könnten, wenn aufgrund der Weitergabe der Daten an Landratsämter oder an privatwirtschaftliche Dritte auf einmal entsprechende bauplanungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden, die den Wert der Immobilie oder die Lebensqualität beeinflussen könnten.
Keinesfalls habe ich Zweifel an dem guten Willen der anfragenden Behörden. Dennoch habe ich meine Zweifel, dass eine Datenübermittlung an Landratsämter zum Zweck einer „interkommunalen Wärmeplanung“ überhaupt von § 7e Abs. 2 KSG BW gedeckt ist. Eine Rechtsgrundlage für einen „interkommunalen Wärmeplan“ sehe ich auf Anhieb im KSG BW leider nicht, auch wenn sich der Sinn aus umweltpolitischer Sicht sicher erschließt. Einzelne Kommunen und deren Bürger könnten davon aber benachteiligt werden, weshalb ich hier zumindest eine besondere Begründung der Landratsämter für nötig halte. Auch daher empfehle ich dringend, die Daten – entsprechend § 7e KSG BW – nur an die aktivlegitimierten Gemeinden zu übermitteln. Sollten Gemeinden personenbezogene Daten von Feuerstättenbetreibern im Rahmen einer „interkommunalen Wärmeplanung“ weitergeben, wären diese Gemeinden selbst für diese Datenweitergabe verantwortlich im Sinne der DS-GVO.
Wichtig: Wenn Eigentümer einer Immobilie einen Datenschutzverstoß bei der Übermittlung von Kehrbuchdaten zur kommunalen Wärmplanung feststellen und durch diese Wärmeplanung einen finanziellen Schaden (z. B. Minderwert der Immobilie) erleiden, könnten bei einer fehlerhaften Datenübermittlung die bBSF nach Art. 82 DS-GVO für diesen Schaden haften müssen. Mit unserer Empfehlung wollen wir genau diese Situation vermeiden.
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